Teneriffa
Buntes Wunder im Atlantik
Keine andere kanarische Insel bietet solch große landschaftliche Vielfalt wie Teneriffa: Von goldenen Sandstränden bis zu nebligen Lorbeerwäldern ist alles vertreten. Sogar eine Mondlandschaft gehört dazu
Wie aus einer anderen Welt: die Cañadas unterhalb des Teide, © Ingo Bartussek/stock.adobe.com
Wandern ist ein Traum auf Teneriffa – es muss ja nicht gleich auf den Teidegipfel gehen
Hellgrün, moosgrün, dunkelgrün. Und dahinter das intensive Blau des Atlantiks. Das sind die Farben von Teneriffa, oder man könnte es zumindest glauben, heute im Anagagebirge ganz im Norden der Insel, wo ich durch feuchten Lorbeerwald wandere. Nebelschwaden reißen immer wieder auf und geben den Blick frei auf sorgsam terrassierte Hänge, auf einsame Zedern und haushohe Kakteen, auf steile Felskliffs, an deren Füßen sich das Meer mit weißen Schaumkronen bricht. Dabei herrschen anderswo auf der Insel ganz andere Farben vor. Goldgelb an den Sandstränden von Los Cristianos und Adeje. Glänzendes Schwarz auf den Lavafeldern am knapp 4.000 Meter hohen Vulkan Teide. Und sattes Rot auf den Ziegeldächern von La Orotava. Teneriffa ist bunt, und das in jeder Hinsicht – es ist die vielfältigste aller kanarischen Inseln.
In den berühmten Badeorten an der Südküste setzen gleißend weiße Hotelanlagen und das schimmernde Türkisblau von Pool und Meer einladende Farbakzente.
In den berühmten Badeorten an der Südküste setzen gleißend weiße Hotelanlagen und das schimmernde Türkisblau von Pool und Meer einladende Farbakzente. Doch schon bald dahinter, auf der Straße zum Teide hoch, schaltet Teneriffa auf Grün. Wurzeln von Eukalyptusbäumen sprengen den Asphalt, daneben leuchten Bänder aus rosa Wicken und gelbem Mohn. Kiefern tauchen auf, immer mehr, bis ein schier endloser, lichter Wald die Berghänge überzieht.
Die Cañadas – eine Welt wie auf einem anderen Planeten
Auch der Teide rückt nun ins Bild und reckt seinen Kegel, den ganz oben ein paar Schneeflecken umkränzen wie eine Perlenkette. Vor etwa 100 Jahren ist er zum letzten Mal ausgebrochen. Die Cañadas dagegen – der Kessel in 2.000 m Höhe, aus dem er herauswächst – soll vor über einer Million Jahren als Folge eines gewaltigen Erdrutsches entstanden sein.
Traumstrand unter Palmen: Playa de las Teresitas, © davidionut/stock.adobe.com
Der grüne Norden Teneriffas: Blick vom Anagagebirge auf den Vulkan Teide, © Oleksandr/stock.adobe.com
Selten habe ich eine grandiosere Landschaft gesehen. Ein gewaltiger Himmel spannt sich über ockerfarbene Geröllfelder, die wie frisch umgestochener Ackerboden glänzen. Mattschwarze Schlackeströme. Beige Sandwüsten. Dazwischen immer wieder rötliche Steinblöcke, wie von Riesenhand herumgeschleudert.
Es ist, als blickte man auf einen fremden Planeten. Nur die schwarz glänzende Asphaltstraße, die den Kessel auf einer Länge von 34 km durchquert, wirkt irdisch vertraut. Und natürlich die Grüppchen knallbunter Rennradler, die darüber hinwegsausen. „Höhentraining für den Giro d’Italia“, verrät mir einer von ihnen.
Die Cañadas sind Nationalpark, UNESCO-Weltnaturerbe und perfekt ausgeschildertes Wandergebiet. Es muss nicht unbedingt gleich der Teidegipfel sein, auch die kleine Wanderung zu den Roques de García ist schön. Eineinhalb Stunden lang stiefle ich durch Wüstenlandschaft und herrlichen Frieden.
Die Sonne sinkt hinter die Kraterrandberge. Und Teneriffa wird auf einmal ganz rot.
Der Abschied vom fremden Planeten fällt nicht leicht. Auch, weil tausend Meter unter mir ein enormes Wolkenband aufgezogen ist und die Nordwestküste komplett zudeckt. Weit dahinter glitzert das Meer. Doch die Talfahrt lohnt sich. Als ich weiter unten aus dem Nebel wieder ins Freie komme, hat irgendjemand die Mondlandschaft gegen Barbados ausgetauscht. Grün und saftig blüht es durcheinander, wächst und wuchert es wie in einem Paradiesgarten. Hibiskus und Bananenplantagen, die riesigen Blüten der Engelstrompeten, langblättrige Mangobäume. Ein alter Mann schiebt eine verbeulte Karre mit dicken Papayas, drei roten Callas und einem Armvoll Petersilie die Straße entlang. Wo ewiger Sommer, reichlich Regen und fruchtbare Vulkanerde zusammentreffen, scheint vom bayerischen Küchenkraut bis hin zur Exotenfrucht alles zu gedeihen.
Im ewigen Sommer gedeiht vom Küchenkraut bis zur Exotenfrucht einfach alles
Holzbalkons und bunte Fassaden in La Orotava
Sanft und freundlich neigt sich das breite Orotava-Tal dem blauen Atlantik entgegen. Im Städtchen La Orotava liegt der Duft von geröstetem Getreide in der Luft. In kleinen Mühlen wird hier immer noch geröstete Gerste und Mais zu Gofio gemahlen, dem kanarischen Hauptnahrungsmittel. Früher war die Stadt ein reiches Handelszentrum; noch heute reihen sich hier prächtige kanarische Patrizierhäuser aneinander. Die Architektur in La Orotava mit seinen Holzbalkonen und Innenhöfen ist maurisch inspiriert wie fast überall auf dem Archipel.
In der ehemaligen Inselhauptstadt San Cristóbal de La Laguna fühle ich mich wegen der schachbrettartigen Straßenordnung dagegen eher an Südamerika erinnert.
Kein Wunder, viele Kolonialstädte wurden nach denselben Prinzipien erbaut. Es ist eine Architektur, die Rückzugsräume vor neugierigen Blicken schafft, vor der Sonne und dem Atlantiklicht. Ein Licht, das die Stadt wie ein Messer in hell und dunkel teilt, klare Verhältnisse schafft und präzise Gedanken fördert.
Das gilt auch für die aktuelle Inselhauptstadt Santa Cruz, die mit ihren breiten Boulevards, dem großen Hafen, einer großstädtischen Jugendstilarchitektur und den riesigen Meerwasserschwimmbecken im Parque Marítimo César Manrique außerdem allerschönste mediterrane Spanienatmosphäre vermittelt.
Annette Rübesamen
Windmühle in Orotava: Hier wird geröstete Gerste zur Spezialität Gofio gemahlen, © Comofoto/stock.adobe.com

Die Paradiesvogelblume Strelitzie
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Beschauliches Städtchen: Garachico an der Westküste
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Gegrillter Fisch, Kartoffeln und zweierlei Mojo: köstlich!
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Neugierig: die Inselziegen
© Joachim Negwer

6 besondere Orte auf Teneriffa
Wilde Gebirgsmassive, üppige subtropische Vegetation, Felsschwimmbäder und charmante Dörfer und Städtchen: Diese sechs Orte sollten Sie sich bei einem Teneriffa-Besuch nicht entgehen lassen

© Alexandr Lobach/stock.adobe.com
Botanischer Garten Puerto de la Cruz
In diesem verwunschenen, 20.000 Quadratmeter großen Garten kann man so interessante Pflanzen wie Würgefeigen (Foto), „Leberwurstbäume“ und Strelitzien bewundern. 5.000 Pflanzen- und 120 Baumarten aus fünf Kontinenten haben hier Wurzeln geschlagen, auf Wunsch des spanischen Königs Carlos III., der fand, dass die Pflanzen aus den Kolonien sich erst akklimatisieren sollten, bevor sie aufs spanische Festland kamen.

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Garachico
Die blühende Hafenkarriere des 1496 gegründeten, hübschen Städtchens Garachico an Teneriffas Nordwestküste wurde vor 300 Jahren durch einen heftigen Vulkanausbruch beendet. Die heiße Lava zerstörte den Hafen, doch in der erstarrten Masse bildeten sich Becken, die sich bei Flut mit Meerwasser füllen – eine natürliche Poollandschaft, die jedes sogenannte Erlebnisbad alt aussehen lässt. Aber auch ein Bummel durch die romantische Altstadt mit ihren beiden Klöstern und den kanarischen Häusern mit den traditionellen Holzbalkons macht Laune.

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Masca
Was ein bisschen an den Machu Picchu in Peru erinnert, ist das kleine, liebevoll gepflegte Dorf Masca im Tenogebirge im Süden Teneriffas. Eine vergessene Welt und ein Paradies für Wandersleute, die von hier aus in die wilde Masca-Schlucht hinabsteigen können.

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Teidegipfel
Eine Seilbahn schnurrt bis fast ganz hoch. Für die letzten Schritte zum 3.715 Meter hohen Gipfel braucht man während der Betriebszeiten der Bahn jedoch eine Erlaubnis – aus Naturschutzgründen. Am besten früh beantragen. Erlaubt ist alternativ der nächtliche Aufstieg auf den Gipfel. Zum Sonnenaufgang!

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Auditorium de Tenerife
Der spanische Architekten-Superstar Santiago Calatrava hat die große Kongress- und Konzerthalle von Santa Cruz entworfen. Sie gilt als Wahrzeichen der Stadt (und als architektonische Verwandte des Opernhauses von Sydney). Auch fantastisch anzusehen und zu hören: die Konzertorgel im großen Saal.

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Playa de El Médano
Alle Mann an Board: Der goldgelbe Sandstrand von Playa de El Médano im Südosten von Teneriffa erfreut sich einer zuverlässigen Brise das ganze Jahre über, was ihn bei Wind- und Kitesurfern und -surferinnen zur beliebesten Adresse der Insel macht. Aber auch Baden und Sonnenbaden geht hier prima.

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