Kanada
Viel Platz für wilde Tiere
Wale, frei lebende Eisbären und Bisonherden-Staus: Ole Helmhausen lebt in Montreal und kennt alle Provinzen seiner Heimat. Hier erzählt er, wo Sie die Big Five Kanadas hautnah erleben können.
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Die Kiesbank im Great Bear Rainforest in British Columbia (BC) werde ich nie vergessen. Sieben Stunden kauerten wir dort regungslos und beobachteten den Kreislauf des Lebens. Die Akteure: Tausende Lachse im brodelnden Mussel Creek und sieben fischende Grizzlybären. Und Überreste von Lachsen überall – den Spuren zufolge nicht nur von den Grizzlys, sondern auch von Wölfen und Fischadlern umhergetragen und fallen gelassen in diesem letzten gemäßigten Regenwald in Nordamerika. Um meine Sicherheit besorgt war ich nicht. „Die wollen nur fressen“, sagten die indigenen Guides, mit denen wir unterwegs waren und die sich hier sicher bewegten. „Da geben wir ihnen Raum und stören sie nicht.” Auf dem Weg zurück zu unserer Lodge sahen wir vom Boot aus Buckelwale, Delfine und Fischadler.
Kanada wird „Wildlife Capital of the World“ genannt, und das nicht nur, weil der tierreiche Great Bear Rainforest am Pazifik gern mit der afrikanischen Serengeti verglichen wird. Unterwegs in Kanada sind Wildtiersichtungen einfach sehr wahrscheinlich – nicht alleine in den über 40 Nationalparks, zahllosen Provinzparks und kommunalen Schutzgebieten des Landes, sondern auch in freier Wildbahn. Natürlich sollte man immer rücksichtsvoll und vorsichtig sein, den Tieren ihren Raum lassen, Abstand halten, die eigene und die Sicherheit der Tiere im Blick haben.
Verhaltensregeln dazu gibt es viele – man findet sie in Reiseführern und im Internet. Bei geführten Wildbeobachtungstouren bekommt man das nötige Hintergrundwissen am besten vermittelt und erlebt auch am meisten.
Ontario: Im Frühjahr ist die beste Zeit für Elche
Im Norden des amerikanischen Kontinents geht’s allerdings oft auch verblüffend einfach mit der Tiersichtung: Meine ersten Wildtiere sah ich, wie wohl die meisten Kanada-Reisenden, vom Auto aus: Die ersten Schwarzbären auf dem Bow Valley Parkway im Banff National Park, auf dem Gelände der Jasper Park Lodge den ersten Koyoten, im Algonquin Provincial Park meinen ersten Elch. Sie liefen mir buchstäblich über den Weg, zufällig, für ein paar Sekunden. Das reichte, um meine Faszination zu wecken!
Sichtungsgarantien gibt es natürlich nie, aber vielerorts ist man in Kanada näher dran als anderswo. In Ontario ist das Frühjahr die beste Zeit für Elche. Dann flanieren dort die riesigen Könige der Wälder am Straßenrand, angezogen vom Schneeräumungssalz des Winters. Und nachts heulen dort Wölfe.
Diese Luft, diese Weite, dieser Blick: Kanada ist ein schier grenzenloses Naturparadies © Maxime Coquard
Wasser-Safaris geht es mit dem Boot hinaus auf den Maligne Lake in Albertaen Tack © Platform.Crowdriff.com
Im Norden: Bisons in freier Wildbahn
Auch in den Rocky-Mountain-Parks Banff, Jasper, Yoho und Kootenay und überall im Norden verbessern sich die Chancen auf eine Sichtung, wenn man es schon im Morgengrauen auf die leeren Straßen schafft oder das Abendessen nach hinten verlegt. Wapiti-Hirsche sind dann unterwegs, Dickhornschafe, Wölfe, Koyoten. Schwarzbären gibt es in jedem dieser Parks, doch relativ zuverlässig zu sehen sind sie im angrenzenden Kananaskis Country und im Waterton Lakes National Park an der Grenze zu den USA. Das weitläufige Bisongehege dort lohnt sich, aber noch beeindruckender sind diese urweltlichen Tiere in freier Wildbahn im Norden. Am Mackenzie Highway in den Nordwest-Territorien (NWT) gehören durchziehende Bisonherden zum Straßenbild, auf dem Alaska Highway in Nord-BC und Yukon verursachen sie mitunter Verkehrstaus. Und hin und wieder verirrt sich einer auf einen Campingplatz: In Liard Hot Springs musste ich einmal eine Stunde lang in respektvollem Abstand warten, um in mein Wohnmobil zu dürfen, weil ein junger Bulle unter meinem Vorzelt „meditierte“.
Auch Grizzlybären sind viel unterwegs. Am entspanntesten habe ich die großen Bären im Great Bear Rainforest, der nur per Wasserflugzeug und Motorboot erreichbar ist, beobachten können. Und natürlich vom Auto aus, etwa auf dem Dempster Highway in Yukon und den NWT, im Bella Coola Valley am Pazifik und in den Rocky-Mountain-Parks. Ich erinnere mich an jedes einzelne Mal. Die Präsenz dieser einzigartigen Tiere, von denen allein 15.000 in BC leben, war stets so intensiv, dass sie alle Energie aus dem Raum zu saugen schien.
Eisbären warten auf der Hudson Bay
Gänsehautmomente. Da denke ich natürlich auch an Eisbären. 17.000 der gut 25.000 Eisbären weltweit leben in Kanada. In Churchill, Manitoba, sind die weißen Riesen am leichtesten zu beobachten. Vor allem im Spätsommer, wenn sie auf den Beginn der Seehundjagd auf der zugefrorenen Hudson Bay warten.
Einmals saßen wir beim Abendessen in einer eisbärensicheren Wildnislodge nördlich von Churchill, als plötzlich jemand „Polar Bear“ rief. Unten am Fluss besichtigte ein junger Eisbär das Schlauchboot, mit dem wir tagsüber die Belugawale in der Bay besucht hatten. Das Boot hatte einen Festrumpf und trug eine Beobachtungsplattform. Wir hatten es zu acht nur mit Müh und Not an Land gezogen. Der Eisbär versetzte ihm einen spielerischen Klaps und trottete davon. Danach stand das Boot quer.
Vom Pazifik bis hinüber zum Atlantik hat Kanada viel Platz für seine über 200 Säugetierarten: In Saskatchewan wetzt die Gabelhorn-Antilope, das zweitschnellste Landsäugetier der Welt, mit 70 Stundenkilometern durch das schier endlose Grasland. Fast überall bauen Biber Dämme, leben Luchse und Weißwedelhirsche, warnen Schilder vor kreuzenden Elchen und ziehen Karibus durch die subarktische Wildnis.
Auch über 30 Walarten schwimmen vor den Küsten: In Quebec ziehen im Sommer Buckelwale und elf weitere Vertreter der Walfamilie den St.-Lorenz-Strom hinauf bis zu den Krillgründen vor Tadoussac. Die Bay of Fundy ist ebenfalls ein wichtiger Walgrund, und Newfoundland & Labrador scheinen die sanften Riesen ganz besonders zu mögen: Hier werden jedes Jahr 20 Arten gezählt, allen voran Buckel-, Finn- und Zwergwale, genau wie Orcas und Weißseitendelfine. Meine letzte Beobachtung dort war besonders spektakulär: In der kabbeligen See vor Quirpon Island sah ich einen Buckelwal, der mit weit aufgerissenem Maul senkrecht im Wasser stand und sich vom hohen Wellengang wie auf einer Massagebank auf- und abtragen ließ. Selbst für diesen wellenbadenden Wal mussten wir nicht weit gehen. Er schwamm uns fast über den Weg.


Eine Grizzly-Sichtung gehört zu den Highlights jeder Kanadareise
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Wapiti-Herde vor Rocky Mountains: ein ganz normaler Anblick
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Ganz nah dran: Eisbär in Nunavut
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Begegnung der kanadischen Art: Elch trifft Auto
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Die tollsten Roadtrips in Kanada
Was gehört zusammen wie Herz und Seele? Ganz einfach: Kanada und Roadtrips. Das sind vier der schönsten Touren

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Cabot Trail (Nova Scotia)
In allen Traumstraßen-der-Welt-Rankings gelistet: Die 300 Kilometer lange Panoramastraße auf Cape Breton Island klettert steile Klippen zu atemberaubenden Aussichten hinauf, passiert malerische Fischerhäfen und durchquert den Cape Breton Highlands National Park, ein Hikerparadies mit zwei Dutzend tollen Wanderwegen.

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Dinosaur Trail (Alberta)
Hoodoos statt Gletscher, trockene Canyons statt dunkelgrüne Täler: Die 50 Kilometer lange, nach den weltberühmten Dinosaurier-Funden der Umgebung benannte Strecke östlich von Calgary bei Drumheller liefert fantastische Blicke ins Red Deer River Valley, nutzt die kürzeste Kabelfähre Nordamerikas und besucht den Last Chance Saloon am Ende des engen Rosebud Canyon. Tolles Kontrastprogramm zu den Rocky Mountains!

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Route 132
Die gut 800 Kilometer lange Straße folgt der Südküste des St.-Lorenz-Stroms und bietet bald hinter der Hafenstadt Rimouski einen landschaftlichen Höhepunkt nach dem anderen. Leuchttürme auf steilen Vorgebirgen, mehrere hundert Meter hohe Steilküste und mit dem wildreichen Parc national de la Gaspésie und dem herrlichen Forillon National Park gleich zwei der schönsten Schutzgebiete im Osten: eine tolle Alternative zum viel bekannteren Cabot Trail.

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Dempster Highway (Yukon, NWT)
Das intensivste Abseits-der-Trampelpfade-Gefühl in ganz Kanada! Die 737 Kilometer lange Allwetterstraße von Nord-Yukon bis nach Inuvik in den NWT führt durch das „Great Alone“ der nordkanadischen Tundra. Sie überquert den Polarkreis, zwei Flüsse per Autofähre und bietet mit dem Inuvik-Tuktoyaktuk Highway den für alle ernsthaften Roadtripper obligatorischen Anschluss zum Eismeer.

Mit dem Camper durch Kanada
Spüren Sie die Freiheit auf vier Rädern und erkunden Sie Kanada mit dem Wohnmobil! Von Küste zu Küste, mittendrin in den Nationalparks, mit der Wildnis auf Tuchfühlung – und auch Metropolen wie Toronto oder Vancouver lassen sich so bequem entdecken. Buchern Sie Ihren Camper bequem bei TUI und starten Sie an einer der TUI-Partner-Stationen – von Halifax im Osten bis nach Whitehorse hoch oben im Nordwesten.
Rundreisen
Eine Rundreise ist die wohl entspannteste Art, Kanada zu entdecken: Einfach zurücklehnen, in ausgewählten Hotels übernachten, und am nächsten Tag wartet schon das nächste Highlight. Pure Leichtigkeit – Sie müssen sich nur entscheiden, wohin Sie zuerst wollen:
Bei der Rundreise Naturwunder Westkanada fahren Sie von Calgary aus durch die Rocky Mountains, besuchen die Nationalparks Banff und Jasper und viele historische Stätten. Anschließend geht es die Pazifikküste entlang bis nach Vancouver.
Auch der Osten des Landes hat viel zu bieten: Bei der Tour Kanadische Farbenspiele bereisen Sie die Metropolen Toronto, Ottawa, Montreal und Quebec und erleben die donnernden Fluten der Niagarafälle. Besonders zu empfehlen ist die Reisezeit während des Indian Summer!
Fahren Sie lieber mit dem Zug?
Dann wird Ihnen die 16-tägige Tour Kanada – Goldener Ahorn gefallen! Von Toronto aus überqueren Sie im luxuriösen „Canadian“ den Kanadischen Schild Richtung Westen. Nach Besuchen in Jasper und Banff geht es mit dem berühmten Zug „Rocky Mountaineer“ durchs Gebirge bis an den Pazifik und zur Endstation Vancouver.

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